Aktuelles › Fraun­ho­fer IOF · Europa fit machen für die Quan­ten­kom­mu­ni­ka­tion via Satelliten

Mit 4,3 Mil­lio­nen Euro för­dert die Euro­päi­sche Union ein neues Pro­jekt zur Erfor­schung der hoch­si­che­ren Quan­ten­kom­mu­ni­ka­tion mit­tels Satel­li­ten. Im Pro­jekt QUDICE will ein inter­na­tio­na­les Team aus For­schen­den, dar­un­ter Mit­glie­der des Fraun­ho­fer-Insti­tuts für Ange­wandte Optik und Fein­me­cha­nik IOF, Kom­po­nen­ten für eine welt­raum­ge­stützte Ver­tei­lung von Quan­ten­schlüs­seln ent­wi­ckeln. Die neue Hard­ware soll eines Tages Grund­lage eines euro­päi­schen Satel­li­ten­net­zes wer­den. Am Fraun­ho­fer IOF wird zu die­sem Zweck spe­zi­ell eine minia­tu­ri­sierte Quelle zur Erzeu­gung ver­schränk­ter Licht­teil­chen im Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons-Wel­len­län­gen­be­reich auf­ge­baut wer­den. Das Pro­jekt ist kürz­lich in seine drei­jäh­rige Lauf­zeit gestartet.

Mit ver­schränk­ten Licht­teil­chen in Europa prak­tisch abhör­si­cher kom­mu­ni­zie­ren – für die­ses Ziel setzt sich ein inter­na­tio­na­les Team aus EU-For­schen­den ein. Gemein­sam wol­len sie im Rah­men des neuen Pro­jek­tes QUDICE Kom­po­nen­ten und Sys­teme für eine welt­raum­ge­stützte Quan­ten­schlüs­sel­ver­tei­lung ent­wi­ckeln. Auf diese Weise will QUDICE einen ent­schei­den­den Bei­trag leis­ten, um eines Tages ein euro­päi­sches Netz­werk aus Satel­li­ten zur quan­ten­ge­stütz­ten Kom­mu­ni­ka­tion rea­li­sie­ren zu kön­nen. Ein sol­ches Netz soll gezielt die Pri­vat­sphäre euro­päi­scher Insti­tu­tio­nen, Unter­neh­men sowie Bür­ge­rin­nen und Bür­ger schüt­zen und gleich­zei­tig die Unab­hän­gig­keit Euro­pas von kri­ti­schen (Quanten-)Technologien aus dem Aus­land stärken.

Kom­pakte und hoch­ef­fi­zi­ente Pho­to­nen­paar­quelle für den Ein­satz im All

Am Fraun­ho­fer IOF in Jena soll im Rah­men von QUDICE dabei eine minia­tu­ri­sierte, welt­raum­taug­li­che Pola­ri­sa­ti­ons-ver­schränkte Pho­to­nen­paar­quelle (engl.: »Ent­an­gled Pho­ton Source«, kurz: EPS) im Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons-Wel­len­län­gen­be­reich auf­ge­baut wer­den. Diese soll spä­ter in einen Satel­li­ten inte­griert wer­den. Für den Ein­satz im Welt­raum muss die Pho­to­nen­paar­quelle daher beson­dere Anfor­de­run­gen erfül­len: Zum Bei­spiel muss sie beson­ders klein und kom­pakt gebaut sein. Ange­strebt wird eine Größe ähn­lich einem Milchkarton.

Die For­schen­den des Fraun­ho­fer IOF müs­sen daher sämt­li­che Ein­zel­kom­po­nen­ten der Quelle minia­tu­ri­sie­ren und auf meh­re­ren Chips inte­grie­ren. Wei­ter­hin muss sie star­ken Vibra­tio­nen sowie gro­ßen Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen stand­hal­ten kön­nen, wie sie beim Start des Satel­li­ten auf sei­nem Weg ins Welt­all auf­tre­ten. Die Pho­to­nen­paar­quelle wird daher auf den jüngs­ten Fort­schrit­ten in der nicht­li­nea­ren Optik und Tech­nik basie­ren. Das Ziel der neuen Quelle ist es, 10^9 Paare ver­schränk­ter Licht­teil­chen pro Sekunde und eine Bit­rate zu errei­chen, die den der­zei­ti­gen Stand der Tech­nik um meh­rere Grö­ßen­ord­nun­gen übertrifft.

Bei der Her­stel­lung der Pho­to­nen­paar­quelle in welt­raum­taug­li­cher Qua­li­tät wird das Fraun­ho­fer IOF eng mit dem Insti­tute of Pho­to­nic Sci­en­ces (ICFO) aus Spa­nien – einem von zwölf Part­nern im Pro­jekt QUDICE – zusam­men­ar­bei­ten. Gemein­sam wer­den die Insti­tute ein neu­ar­ti­ges Design für die ver­schränkte Pho­to­nen­quelle ent­wi­ckeln, wel­ches die Inte­gra­tion der Kom­po­nen­ten und damit einen beson­ders kom­pak­ten Auf­bau ermög­licht. Zu die­sem Zweck wird das ICFO spe­zi­fi­sche Sub­sys­teme für jede gewählte QKD-Imple­men­tie­rung ent­wer­fen, wäh­rend das Fraun­ho­fer IOF diese umsetzt. Anschlie­ßend wird das Fraun­ho­fer-Insti­tut in Jena alle opto-elek­tro­ni­schen Kom­po­nen­ten cha­rak­te­ri­sie­ren, wäh­rend das ICFO die QKD-Imple­men­tie­run­gen durchführt.

Tech­no­lo­gi­sche Sou­ve­rä­ni­tät Euro­pas in den Quan­ten­tech­no­lo­gien stärken

Bereits 2019 wurde mit einer Ver­ein­ba­rung zwi­schen der EU-Kom­mis­sion und der Euro­päi­schen Welt­raum­or­ga­ni­sa­tion ESA der erste Schritt zur Ent­wick­lung einer hoch­si­che­ren pan­eu­ro­päi­schen Infra­struk­tur für mehr Daten­si­cher­heit genom­men. Die Quan­ten­schlüs­sel­ver­tei­lung stellt hier­bei eine ent­schei­dende Basis­tech­no­lo­gie dar. QUDICE soll die ent­spre­chende For­schungs- und Ent­wick­lungs­ar­beit vor­an­trei­ben. Das Pro­jekt wird daher von der Euro­päi­schen Union im Rah­men des Pro­gram­mes »Hori­zont Europa« mit 4,3 Mil­lio­nen Euro geför­dert. 450.000 Euro flie­ßen davon in die Arbeit am Fraun­ho­fer IOF in Jena.

Die Rea­li­sie­rung des Pro­jekt­ziels erfor­dert Fach­wis­sen aus einer Viel­zahl von Berei­chen – von der Quan­ten­phy­sik über den Maschi­nen­bau und die opti­sche Tech­nik bis hin zur Funk­kom­mu­ni­ka­tion, Satel­li­ten­tech­nik und Raum­fahrt­tech­nik. Durch die Zusam­men­ar­beit von welt­weit füh­ren­den For­schungs­ein­rich­tun­gen sowie Tech­no­lo­gie­ent­wick­lern und ‑her­stel­lern, aber auch Sys­tem­in­te­gra­to­ren, wird ein inter­dis­zi­pli­nä­res Kon­sor­tium gebil­det, in dem sich füh­rende Exper­tin­nen und Exper­ten aus ihren jewei­li­gen Fach­ge­bie­ten versammeln.

Zu den Part­nern des QUDICE-Pro­jek­tes gehö­ren neben dem Fraun­ho­fer IOF: Uni­ver­sity of PadovaThink­Quan­tum SRL, Stel­lar Pro­ject SRL, Argo­tec, Tha­les Ale­nia Space (alle Ita­lien), The Insti­tute of Pho­to­nic Sci­en­ces ICFO, Quside SL, Sate­liot IOT Ser­vices SL (alle Spa­nien), Centre Natio­nal de la Recher­che Sci­en­ti­fi­que, Sor­bonne Uni­ver­sité (alle Frank­reich), L‑Università ta‹ Malta (Malta).

For­schende des Fraun­ho­fer IOF haben bereits wie­der­holt den Aus­tausch von Quan­ten­schlüs­seln auf ver­schie­de­nen Wegen und Distan­zen demons­triert, z. B. mit­tels Frei­strahl inner­halb einer Stadt oder über im Boden ver­legte Glas­fa­sern zwi­schen ver­schie­de­nen Metro­pol­re­gio­nen. Der Quan­ten­schlüs­sel­aus­tausch mit­tels Satel­li­ten ermög­licht jedoch auch die Anbin­dung von Gebie­ten, bei denen eine Faser­an­bin­dung nicht oder nur begrenzt mög­lich ist, z. B. Off­shore. Wei­ter­hin bie­tet der welt­raum­ge­stützte Quan­ten­schlüs­sel­aus­tausch ein ech­tes Back-up im Fall einer Natur­ka­ta­stro­phe, bei der faser­ba­sierte Infra­struk­tu­ren zer­stört wür­den, oder eines umfas­sen­den Netzausfalls.

KONTAKT

Dr. Fabian Steinlechner
Wis­sen­schaft­li­cher Kon­takt Abtei­lung Zukunftstechnologien

Fraun­ho­fer IOF
Albert-Ein­stein-Straße 7
07745 Jena

Tele­fon +49 3641 807–733
E‑Mail sen­den