Aktuelles › Photonikindustrie Thüringen: Starke Branche, schwache Konjunktur
Firmenverbund OptoNet e.V. stellt Bericht zu Geschäftssituation und Personalbedarf in Thüringer Hochtechnologiebranche vor
Die Photonikbranche in Thüringen behauptet sich in einem herausfordernden Umfeld. Während Branchenumsatz und Beschäftigtenzahlen weiter auf solidem Niveau liegen, hat sich die Stimmung in den Unternehmen deutlich eingetrübt. Nach über 15 Jahren nahezu ungebrochenen Wachstums steht die vorwiegend klein- und mittelständisch geprägte Hightechbranche durch die konjunkturelle Schwäche und steigende wirtschaftliche Unsicherheiten spürbar unter Druck.
Das sind die zentralen Ergebnisse des PHOTONICS Reports Thüringen 2025, den der Firmenverbund OptoNet heute in Jena vorgestellt hat. Für die aktuelle Ausgabe wurden 125 Unternehmen und Forschungseinrichtungen ausführlich zu Geschäftszahlen, Technologietrends, Personalbedarf und Zukunftsaussichten befragt.
Geschäftslage verschlechtert sich
Die Stimmung in der Branche hat sich im Vergleich zur letzten Erhebung deutlich verschlechtert. Nur knapp die Hälfte der befragten Firmen bewertet ihre aktuelle Geschäftssituation als „sehr gut“ (10 %) oder „gut“ (36 %).
„Die allgemeine Konjunkturschwäche und geopolitische Unsicherheiten belasten die Unternehmen“, erklärt Dr. Jörg Wagner, Vorstandsvorsitzender von OptoNet. „Die Investitionszurückhaltung in der Industrie schlägt direkt auf die Auftragslage vieler Firmen durch.“
Leichter Umsatzrückgang, moderates Wachstum erwartet
Der Jahresumsatz der Thüringer Photonikindustrie ist seit der letzten Erhebung 2023 inflationsbereinigt leicht zurückgegangen und lag 2024 bei 4 Mrd. Euro. Mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr und 2026 zeigen sich die Unternehmen wieder optimistischer: 43 % rechnen mit steigenden Erlösen und erwarten zumindest ein moderates Wachstum.
Forschungsausgaben auf Rekordniveau
Mit über 600 Mio. Euro erreichten die F&E‑Investitionen 2024 einen neuen Höchstwert – das entspricht einer Quote von rund 15 %. Damit setzen die Unternehmen auch in unsicheren Zeiten klar auf Zukunft: Innovation bleibt der Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum. Großes Potenzial sehen die Befragten beispielsweise im Bereich der Halbleitertechnologien, an deren Weiterentwicklung viele Unternehmen durch neue Verfahren, spezialisierte Komponenten oder innovative Fertigungsprozesse aktiv mitwirken.
Hoher Exportanteil
Mit einem Exportanteil von 72 % liegt die Photonikbranche mehr als doppelt so hoch über dem Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes in Thüringen (35 % im Jahr 2023). Westeuropa, Nordamerika und China zählen weiterhin zu den wichtigsten Absatzmärkten. Aktuell sehen die befragten Unternehmen die größten Wachstumspotenziale in Europa – und damit nicht mehr in den USA, die zuletzt führend waren. Zugleich wächst die Sorge vor zunehmenden Handelsbarrieren, insbesondere in den USA und China. Die konstant hohe Exportquote belegt die starke internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche und macht zugleich deutlich, wie entscheidend freier Handel und stabile Lieferketten für eine erfolgreiche Entwicklung sind.
Mehr Beschäftigte und 650 freie Stellen
Seit der letzten Befragung Anfang 2023 wurden mehr als 1.000 neue Mitarbeiter:innen eingestellt. Damit arbeiten insgesamt 19.600 Fachkräfte in der Photonikbranche des Freistaats, 2.700 davon in den universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Positiv entwickelt hat sich die Ausbildungsquote: sie stieg in den vergangenen beiden Jahren von 3,2 auf 4,2%.
Aktuell sind rund 650 freie Stellen ausgeschrieben. Gesucht werden nicht nur Ingenieur:innen, Physiker:innen oder Informatiker:innen, sondern auch Facharbeiter:innen für die Fertigungsbereiche. Die Besetzung offener Stellen gestaltet sich trotz der Konjunkturschwäche anspruchsvoll – qualifiziertes Personal ist nach wie vor knapp.
Forderungen an die Politik
Die befragten Führungskräfte sehen klare Aufgaben für die neue Bundesregierung. Sie nennen besonders häufig den Abbau übermäßiger Bürokratie sowie die Instandsetzung der öffentlichen Infrastruktur. Auch der verstärkte Schutz unserer Demokratie wird von den Unternehmenslenkern als zentrale politische Aufgabe gewertet.
„Thüringen ist und bleibt ein exzellenter Standort für optische Technologien“, sagt Anke Siegmeier, Geschäftsführerin von OptoNet e.V. „Doch die positive Entwicklung der vergangenen Jahre ist kein Selbstläufer. Als Innovationsmotor mit Leuchtturmcharakter strahlt die Photonikbranche weit in andere Industrien aus. Damit sie weiterhin Innovation und Beschäftigung in Thüringen sichern kann, braucht es jetzt gezielte politische Impulse, weniger Bürokratie, eine verlässliche Fachkräftestrategie und stabile Rahmenbedingungen.“
Sehr gute Noten für OptoNet
Die Mehrheit der befragten Unternehmen ist Mitglied im Photoniknetzwerk OptoNet und nutzt die Angebote des Firmenverbundes im Bereich Kooperationsvermittlung, Technologiemanagement und Nachwuchsgewinnung. Diese Angebote der Geschäftsstelle werden fast ausschließlich mit »sehr gut« oder »gut« bewertet, mehr als 85% der Befragten empfehlen auch anderen Branchenvertretern uneingeschränkt eine Mitgliedschaft.
Über OptoNet
OptoNet bündelt die Interessen von derzeit 135 Akteuren im Thüringer Optik-Cluster, stärkt deren Vernetzung und Zusammenarbeit und treibt so die Entwicklung optischer Technologien in der Region voran. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und die nationale wie internationale Sichtbarkeit des Clusters zu steigern.
Als Dienstleister seiner Mitglieder bietet OptoNet eine gemeinsame Kommunikations- und Kooperationsplattform und engagiert sich aktiv für Fachkräftesicherung, Nachwuchsförderung und Standortmarketing. Seit Frühjahr 2023 ist das Clustermanagement mit dem ECEI GOLD-Label für „Cluster Management Excellence“ zertifiziert.
Der PHOTONICS Report 2025
Der Bericht zu den aktuellen Geschäftszahlen, Umsatz- und Beschäftigungsprognosen wird seit 2001 im Zweijahresrhythmus veröffentlicht. Die Befragungen wurden im Auftrag von OptoNet vom CATI Labor des Instituts für Soziologie der Universität Jena durchgeführt.
Befragungszeitraum | Januar bis März 2025 |
Angesprochene Unternehmen und Forschungseinrichtungen | 208 |
Erfolgreiche Befragungen | 125 |
Interviewform | Telefoninterview oder Onlinebefragung |
Durchschnittliche Länge | 26 Minuten |
Interviewdurchführung | CATI Labor, FSU Jena, Thomas Ritter |
Wissenschaftliche Begleitung | Dipl.-Soz. Christoph Thieme |