Aktuelles › Fraun­ho­fer IOF • Intel­li­gente Robo­ter zur geziel­ten Bekämp­fung von Viren und Bakterien

Fraunhofer IOFSer­vice­ro­bo­ter kön­nen dazu bei­tra­gen, dass Gebäude und Ver­kehrs­mit­tel regel­mä­ßig und mit gleich­blei­bend hoher Qua­li­tät gerei­nigt und des­in­fi­ziert wer­den. Seit Okto­ber 2020 arbei­ten zwölf Ein­rich­tun­gen der Fraun­ho­fer-Gesell­schaft an der Ent­wick­lung neuer Tech­no­lo­gien für die­ses Ein­satz­feld. Gelei­tet vom Fraun­ho­fer IPA bün­deln die Part­ner im For­schungs­pro­jekt »Mobile Des­in­fek­tion« (MobDi) ihre Kom­pe­ten­zen, um zu einem siche­ren »New Nor­mal« in Pan­de­mie­zei­ten bei­zu­tra­gen. Das Pro­jekt ist Teil des Akti­ons­pro­gramms »Fraun­ho­fer vs. Corona«.

Ein Schlüs­sel im Kampf gegen COVID-19 besteht darin, die Anste­ckungs­ge­fahr zu mini­mie­ren. Die­ser Her­aus­for­de­rung nimmt sich das Pro­jekt »Mobile Des­in­fek­tion« (MobDi) an, in dem die betei­lig­ten Fraun­ho­fer-Exper­ten neue Hard­ware- und Soft­ware­lö­sun­gen für mobile Ser­vice­ro­bo­ter ent­wi­ckeln. Diese sol­len einer­seits ermög­li­chen, poten­zi­ell kon­ta­mi­nierte Ober­flä­chen in Gebäu­den und Ver­kehrs­mit­teln bedarfs­ge­recht und scho­nend mit einem Robo­ter zu des­in­fi­zie­ren. Ande­rer­seits sol­len die Ent­wick­lun­gen dazu bei­tra­gen, den Mate­ri­al­trans­port in Kli­ni­ken zu auto­ma­ti­sie­ren und damit einer Ver­schlep­pung von Kei­men durch das Per­so­nal entgegenzuwirken.

Neue Des­in­fek­ti­ons- und Transportroboter

Für die Des­in­fek­tion in Gebäu­den und Ver­kehrs­mit­teln ent­wi­ckeln die Pro­jekt­part­ner jeweils spe­zia­li­sierte Ser­vice­ro­bo­ter. Die tech­ni­sche Grund­lage für die Des­in­fek­tion in Gebäu­den bil­det der »DeKon­Bot« des Fraun­ho­fer IPA, den das Insti­tut im letz­ten Jahr im gleich­na­mi­gen Vor­gän­ger­pro­jekt ent­wi­ckelte. Des­sen Werk­zeug für die Wisch­des­in­fek­tion wer­den die For­scher im Pro­jekt wei­ter ver­bes­sern und die Platt­form als Gan­zes hin­sicht­lich einer spä­te­ren Seri­en­pro­duk­tion opti­mie­ren. Der Robo­ter für die Des­in­fek­tion in Ver­kehrs­mit­teln ent­steht am Fraun­ho­fer IFAM. Beson­ders her­aus­for­dernd ist dabei die Ent­wick­lung einer modu­la­ren Antriebs­un­ter­stüt­zung für das Über­win­den von Spal­ten und Absät­zen. Für beide Robo­ter erstel­len die Pro­jekt­part­ner ver­schie­dene Werk­zeuge, die durch Wischen, Sprü­hen, UV- oder Plas­ma­be­hand­lung des­in­fi­zie­ren. Die Robo­ter kön­nen diese nach Bedarf auto­ma­tisch wechseln.

Das Fraun­ho­fer IPA ent­wi­ckelt zudem einen neuen Trans­port­ro­bo­ter, der unter­schied­li­che Hand­wa­gen mit sich füh­ren kann, wie sie in Kli­ni­ken typi­scher­weise ein­ge­setzt wer­den. Im Ver­gleich zu vor­han­de­nen Pro­duk­ten zeich­net sich die Neu­ent­wick­lung durch kleine Abmes­sun­gen und ein beson­ders manö­vrier­fä­hi­ges Fahr­werk aus. Das Fraun­ho­fer IVV unter­stützt bei der hygie­nege­rech­ten Gestal­tung der ver­schie­de­nen Robo­ter. Zudem ent­wi­ckelt das Insti­tut Kon­zepte für deren Selbst­rei­ni­gung. Diese ver­hin­dern, dass die Maschi­nen selbst zum Kon­ta­mi­na­ti­ons­ri­siko werden.

Ver­bes­serte Wahrnehmungsfunktionen

Dank intel­li­gen­ter Wahr­neh­mungs­funk­tio­nen wer­den die Des­in­fek­ti­ons­ro­bo­ter gezielt rei­ni­gen kön­nen. Dafür kommt ein neuer mul­ti­mo­da­ler 3D-Sen­sor des Fraun­ho­fer IOF zum Ein­satz. Mit­hilfe die­ses Sen­sors erken­nen die Robo­ter wäh­rend der Inbe­trieb­nahme selbst­stän­dig alle Objekte, die sie des­in­fi­zie­ren sol­len, und das Mate­rial, aus dem diese bestehen. Die Objekt­er­ken­nung des Fraun­ho­fer IPA sowie die Mate­ri­al­er­ken­nung des Fraun­ho­fer IPM wer­ten die Sen­sor­da­ten mit Metho­den des maschi­nel­len Ler­nens aus. Damit errei­chen sie eine robuste Erken­nung, selbst wenn die Objekte in jeder Ein­satz­um­ge­bung etwas anders aussehen.

Ein mehr­schich­ti­ges Umge­bungs­mo­dell des Fraun­ho­fer IOSB führt alle benö­tig­ten Infor­ma­tio­nen zusam­men und ermög­licht es den Robo­tern so, Rei­ni­gungs­ab­läufe selbst­stän­dig zu pla­nen. Es ent­hält eine Karte der Umge­bung, die Posi­tion aller zu rei­ni­gen­den Objekte sowie deren Mate­rial. Nicht immer müs­sen die Umge­bungs­da­ten manu­ell ein­ge­lernt wer­den. Auf Basis der Arbei­ten von Fraun­ho­fer Ita­lia wird es mög­lich sein, diese Infor­ma­tio­nen aus dem soge­nann­ten »Buil­ding Infor­ma­tion Mode­ling« (BIM) auto­ma­tisch in das Umge­bungs­mo­dell zu laden. Das ist eine für viele Gebäude bereits vor­han­dene digi­tale Dar­stel­lung sämt­li­cher Bauwerksmerkmale.

Auch im Regel­be­trieb soll künf­tig vor der Des­in­fek­tion ein­zel­ner Objekte eine Wahr­neh­mungs­funk­tion zum Ein­satz kom­men: Anhand des Ver­schmut­zungs­grads sol­len die Robo­ter die Rei­ni­gung opti­mie­ren und deren Erfolg veri­fi­zie­ren kön­nen. Das Fraun­ho­fer FEP führt im Pro­jekt erste grund­le­gende Unter­su­chun­gen durch, wie diese Ver­schmut­zun­gen erkannt wer­den könnten.

Ana­lyse der Reinigungsmethoden

Für eine gezielte und scho­nende Rei­ni­gung füh­ren die Pro­jekt­part­ner Ver­su­che mit den ver­schie­de­nen Rei­ni­gungs- und Des­in­fek­ti­ons­ver­fah­ren auf weit ver­brei­te­ten Ober­flä­chen­ty­pen wie Edel­stahl und Kunst­stof­fen durch. Neben der Ana­lyse der ein­zel­nen Ver­fah­ren unter­su­chen sie auch Kom­bi­na­ti­ons­mög­lich­kei­ten ver­schie­de­ner Rei­ni­gungs- und Des­in­fek­ti­ons­ver­fah­ren. So könn­ten die Robo­ter bei­spiels­weise zunächst einen Tür­griff wischen und anschlie­ßend UV-Licht ein­set­zen, um auch die Keime an schwer zugäng­li­chen Stel­len zu neu­tra­li­sie­ren. Das Fraun­ho­fer ILT wird spe­zi­ell den kom­bi­nier­ten Ein­satz von UV- und Plas­ma­quel­len analysieren.

Für die ver­schie­de­nen Ver­fah­ren wer­ten die For­scher der Fraun­ho­fer-Insti­tute FEP und IFAM den Des­in­fek­ti­ons­er­folg sowohl anhand von Ver­un­rei­ni­gun­gen mit Bak­te­rien- als auch mit Viren­pro­ben aus. Außer­dem unter­sucht das Fraun­ho­fer IST mög­li­che Mate­ri­al­schä­di­gun­gen und das Fraun­ho­fer IWS die Ent­ste­hung schäd­li­cher Zer­set­zungs­pro­dukte. So soll eine Metho­dik ent­wi­ckelt wer­den, um für jeden Des­in­fek­ti­ons­vor­gang abhän­gig von Mate­rial und Ver­schmut­zungs­grad die am bes­ten geeig­ne­ten Ver­fah­ren auszuwählen.

Bedarfs­ge­rechte Entwicklung

Die tech­ni­schen Ent­wick­lun­gen in »MobDi« basie­ren auf vom Fraun­ho­fer IMW ver­ant­wor­te­ten Anforderungs‑, Nut­zen- und Wirt­schaft­lich­keits­ana­ly­sen. Um die Robo­ter bedarfs- und pra­xis­ge­recht anzu­pas­sen, ent­wi­ckel­ten die Pro­jekt­part­ner gleich zu Pro­jekt­be­ginn gemein­sam mit Anwen­dern die Sze­na­rien, die mit den Robo­tern umge­setzt wer­den sol­len, und lei­te­ten dar­aus die tech­ni­schen Anfor­de­run­gen ab. Dazu führ­ten sie zahl­rei­che Gesprä­che mit Logis­tik- und Hygie­ne­ex­per­ten in Kli­ni­ken nebst Betrei­bern und Rei­ni­gungs­kräf­ten in Gebäu­den und im Per­so­nen­ver­kehr. Die Anwen­der wer­den zudem in das Pro­jekt ein­ge­bun­den, um intui­tiv bedien­bare Nut­zer­schnitt­stel­len für das Ein­rich­ten und den täg­li­chen Betrieb der Robo­ter zu entwickeln.

Bis zum Abschluss des Pro­jekts im Sep­tem­ber 2021 sol­len die ent­wi­ckel­ten Robo­ter auch prak­tisch eva­lu­iert wer­den. Die Pro­jekt­part­ner wer­den diese zunächst in ihren jewei­li­gen Labors tes­ten und danach in rea­lis­ti­schen Ein­satz­um­ge­bun­gen wie in einem öffent­li­chen Gebäude, im Per­so­nen­ver­kehr oder in einer Kli­nik. Die Ergeb­nisse glei­chen sie dabei mit soge­nann­ten »Key Per­for­mance Indi­ca­tors« (KPIs) ab. Bereits zu Pro­jekt­be­ginn wur­den diese KPIs, also Kri­te­rien für einen erfolg­rei­chen Ein­satz der Robo­ter im ent­spre­chen­den Anwen­dungs­feld, mit poten­zi­el­len Nut­zern ermittelt.

Betei­li­gungs­mög­lich­kei­ten

Weil die Robo­ter modu­lar gestal­tet sind und han­dels­üb­li­che Schnitt­stel­len nut­zen, sind die in »MobDi« ent­wi­ckel­ten Tech­no­lo­gien ein­fach auf andere Maschi­nen und Robo­ter über­trag­bar. Dies unter­stützt den schnel­len Trans­fer der For­schungs- und Ent­wick­lungs­ar­bei­ten in die Pra­xis. Inter­es­sierte Her­stel­ler kön­nen sich gerne an die Pro­jekt­part­ner wen­den, wenn sie sich an der Ent­wick­lung betei­li­gen möch­ten. Neben dem Trans­fer ein­zel­ner Tech­no­lo­gien in bestehende Pro­dukte ist es auch mög­lich, die ent­wi­ckel­ten Robo­ter als Gesamt­sys­tem in ein neues Pro­dukt zu überführen.

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