Aktuelles › Fraunhofer IOF · Zwölf Millionen Euro für neue Anlage zur Herstellung von Hochleistungsoptiken in Jena
Elektronenstrahllithographie ermöglicht kompakte und praxisnahe Integration von Quantenbauelementen
Mit zwölf Millionen Euro unterstützt das Thüringer Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium die Anschaffung einer neuen Lithographieanlage am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena. Die neue Anlage wird herausragende Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Quantentechnologien ermöglichen. Auch Optiken z. B. zur satellitengestützten Beobachtung des Klimawandels sind damit realisierbar. Staatssekretär Carsten Feller überreichte heute den Förderbescheid.
Wenn in den Laboren des Fraunhofer IOF heute zu Quantentechnologien geforscht wird, dann brauchen Forscherinnen und Forscher dafür einiges an Platz: Ganze Labortische werden derzeit noch von den aufwendigen Aufbauten eingenommen. Für eine Kommerzialisierung der Quantentechnologien und ihre praktische Anwendung im Alltag ist das zu groß. Eine Verkleinerung umfangreicher optischer Laboraufbauten, etwa auf die Größe eines Chips, ist daher unumgänglich. Eine solche Miniaturisierung kann mit bestimmten Herstellungsverfahren für Hochleistungsoptiken gelingen. Die sogenannte »Elektronenstrahllithographie« ist ein solches Verfahren.
Vorreiter in Deutschland und der EU
»Die neue Anlage zur Elektronenstrahllithographie am Fraunhofer IOF sichert dem Standort Thüringen ein weltweites Alleinstellungsmerkmal in der Herstellung nano- und mikrooptischer Komponenten«, betonte Staatssekretär Feller anlässlich seines heutigen Besuches am Institut und der Übergabe des Förderbescheids. »Sie ist ein weiterer Meilenstein für die Erforschung und Entwicklung von Quantentechnologien und damit für die Positionierung Thüringens als Vorreiter in diesem Bereich in Deutschland und der EU.« Bereits seit mehreren Jahren unterstützt das Land das Fraunhofer IOF im Aufbau von Infrastrukturen zur Quantenforschung und ‑entwicklung von Lösungsansätzen für die Industrie. Anwendungen wie Quantencomputer oder Analyse- und Messtechnik mit Quanten stellten konventionelle Systeme weit in den Schatten, so Feller weiter.
Die Anschaffung der Anlage setzt damit die Impulse jüngster Investitionen im Bereich Quantenforschung fort: Erst im Mai eröffnete mit dem »Quantum Hub Thüringen« ein neues Forschungsnetzwerk für Quantentechnologien in Thüringen. Auch der sich derzeit im Bau befindende Forschungsneubau des Fraunhofer IOF wird neuen Raum für das Thema Quanten bieten.
Ein neues Level für Quantentechnologien und Spektroskopie
Über die Anwendungen im Bereichen Quantentechnologien hinaus wird mit der Anlage aber auch eine neue, deutlich leistungsfähigere Generation von Hochleistungsoptiken z. B. für die weltraumgestützte Erdbeobachtung möglich. Diese sind für das Klimamonitoring und damit die Untersuchung der Auswirkungen des globalen Klimawandels notwendig. Doch auch in anderen Bereichen der Spektroskopie schlummern Anwendungspotenziale, z. B. in der Lebensmittel- oder Schadstoffanalyse.
»Mit unserer neuen Anlage werden die Möglichkeiten des Fraunhofer IOF auf dem Gebiet der Mikro- und Nanostrukturerzeugung substanziell erweitert und der Vorstoß in völlig neue Bereiche der Strukturierungsgenauigkeit, ‑auflösung, ‑geschwindigkeit und Komponentengröße ermöglicht«, erklärt Prof. Dr. Uwe Zeitner, verantwortlich für Investitionen und Infrastruktur am Fraunhofer IOF. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen plant er die Anlage und arbeitet mit Partnern aus der Wirtschaft daran, dass sie ab 2023 am Institut in Betrieb gehen kann. »Das Fraunhofer IOF wird damit ein ›Enabler‹, um zukünftige Hochleistungsoptiken noch genauer zu machen«, so Zeitner weiter.
Winzige Strukturen mit hoher Auflösung
Die winzigen Strukturen von Hochleistungsoptiken bleiben dem menschlichen Auge verborgen und doch haben sie einen entscheidenden Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Anwendungspotenziale der Optik. Sie bewegen sich in der Größenordnung von einem halben tausendstel Millimeter. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von bis zu 0,1 Millimetern. Derart kleine optische Komponenten können Funktionen realisieren, die mit einer konventionellen Linse, wie wir sie z. B. aus einer Brille oder einem Kameraobjektiv kennen, nicht erzeugt werden können.
Doch damit man diese winzigen Strukturen nutzen kann, müssen sie nicht nur designt und entwickelt, sondern auch auf einen sogenannten »Träger« geschrieben werden. Aber wie schafft man das mit so kleinen Strukturen überhaupt? Dafür gibt es verschiedene Verfahren. Eines davon, das besonders genau arbeitet und damit eine außergewöhnlich hohe Auflösung erlaubt, ist die Elektronenstrahllithographie. Sie funktioniert ähnlich, wie wenn man mit einer hochpräzisen Schreibmaschine auf einem Blatt Papier schreibt. Nur werden hier Elektronen statt Tinte genutzt. Und diese Elektronen sind um ein Vielfaches kleiner als jedes Tröpfchen Tinte.
Die Fähigkeit zur hochpräzisen Erzeugung von funktionellen photonischen Mikro- und Nano-Strukturen ist eine Schlüsseltechnologie und Wegbereiter für zahlreiche Anwendungen in Kernmärkten der deutschen Industrie wie Energie, Gesundheit, Mobilität und Produktion. Mit der neuen Anlage wird das Fraunhofer IOF angewandte Forschung auf diesen für unsere Gesellschaft wichtigen Gebieten vorantreiben.
Innovationstreiber im Bereich Hochleistungskomponenten
Schon heute nimmt das Fraunhofer IOF mit seinem aus Mitteln des Freistaates Thüringen 2006 eingerichteten »Center for Advanced Micro- and Nano-Optics« eine weltweit führende Rolle als Innovationstreiber im Bereich von Hochleistungskomponenten für verschiedene Mikrooptikanwendungen ein. »Um diese Führungsposition auf dem Gebiet der High-End-Anwendungen optischer Mikro- und Nanostrukturen auch zukünftig erfolgreich zu besetzen, ist eine strategische Erneuerung der technologischen Plattform am Fraunhofer IOF mit einer Elektronenstrahllithographieanlage als Ausgangsbasis äußerst wichtig«, erklärt Uwe Zeitner die Notwendigkeit der Neuanschaffung.
»Darüber hinaus werden mit der neuen Technologieplattform die Voraussetzungen für deutsche Unternehmen geschaffen, neue Märkte zu adressieren und einzigartige Experimente der Grundlagenforschung und angewandten Forschung durchzuführen«, so Zeitner.
Perspektiven für weitere Zusammenarbeit am Optikstandort Jena
Die neue Anlage soll auch die Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen am Optikstandort Jena stärken. Zusammen mit dem Institut für Angewandte Physik (IAP) der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie dem Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT) soll eine Basis für erfolgreiche weitere gemeinsame Forschungsvorhaben geschaffen werden.
Wenn die neue Anlage dem Institut voraussichtlich ab 2023 zur Verfügung steht, wird sie in einem neuen Institutsgebäude beherbergt sein. Dieses ist nötig, um auch den gestiegenen Anforderungen der Anlage und aller Fabrikationsprozesse bei der Entwicklung von Hochleistungsoptiken gerecht zu werden.
Unter folgendem Link finden Sie die Pressemitteilung sowie Pressefotos:
https://s.fhg.de/elith