Aktuelles › Infec­to­Gno­stics • Schnell­test auf gefähr­li­chen „Pseu­do­rotz“ mit Thü­rin­ger For­schern entwickelt

Infec­to­Gno­stics-For­scher der Wei­ma­rer Firma Senova und des Leib­niz-Insti­tuts für Pho­to­ni­sche Tech­no­lo­gien (Leib­niz-IPHT) in Jena haben gemein­sam mit wei­te­ren Part­nern aus Deutsch­land, Öster­reich und Thai­land einen neuen Schnell­test auf Melio­idose („Pseu­do­rotz“, eine lebens­be­droh­li­che Tro­pen­krank­heit) ent­wi­ckelt. In nur 15 Minu­ten detek­tiert der ein­fa­che und güns­tige Strei­fen­test zuver­läs­sig Anti­kör­per im Blut der Pati­en­ten, die bei Infek­tio­nen mit dem Bak­te­rium Burk­hol­de­ria pseu­dom­al­lei gebil­det wer­den. Die Ergeb­nisse ihrer Mach­bar­keits­stu­die wur­den im Juli im Fach­jour­nal PLOS Negle­c­ted Tro­pi­cal Dise­a­ses ver­öf­fent­licht (doi: 10.1371/journal.pntd.0008452).

Melio­idose – auch bekannt als Pseu­do­rotz – ist eine ernste bak­te­ri­elle Infek­ti­ons­krank­heit, die beson­ders in Süd­ost­asien und Nord­aus­tra­lien, aber auch in tro­pi­schen Regio­nen Afri­kas und Süd­ame­ri­kas ver­brei­tet ist und vie­ler­orts noch immer als mas­siv unter­dia­gnos­ti­ziert gilt. Ursa­che für die Erkran­kung sind Infek­tio­nen mit dem Erre­ger Burk­hol­de­ria pseu­dom­al­lei, der in Böden und Gewäs­sern wie z.B. Reis­fel­dern vor­kommt. Das Bak­te­rium weist von Natur aus schon Resis­ten­zen gegen zahl­rei­che Anti­bio­tika auf und führt nach varia­bler Inku­ba­ti­ons­zeit zum Aus­bruch der schwer the­ra­pier­ba­ren Melio­idose – die Sterb­lich­keit ist hoch.

Pseudorotz
Eine Bak­te­ri­en­ko­lo­nie des Melio­idose-Erre­gers Burk­hol­de­ria pseu­dom­al­lei. Der abge­bil­dete Erre­ger wurde vom Infec­to­Gno­stics-For­scher Ste­fan Mon­ecke aus einer Probe eines deut­schen Rei­se­rück­keh­rers aus Asien iso­liert. (Foto: Ste­fan Mon­ecke; JMM Case Reports, doi: 10.1099/jmmcr.0.000073)

Das größte Hin­der­nis bei der Bekämp­fung der Krank­heit ist bis­lang, dass die Infek­tion wegen ihres unspe­zi­fi­schen kli­ni­schen Ver­laufs oft nicht recht­zei­tig erkannt wird, wie Prof. Dr. Ralf Ehricht, Lei­ter der For­schungs­ab­tei­lung „Optisch-mole­ku­lare Dia­gnos­tik und Sys­tem­tech­no­lo­gie“ am Leib­niz-IPHT und Stif­tungs­pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Jena erläu­tert: »Von Fie­ber und Harn­wegs­in­fek­tion über Lun­gen­ent­zün­dung bis zu Abs­zes­sen an ver­schie­de­nen Kör­per­stel­len sind die Sym­ptome sehr varia­bel. Ohne vor­he­ri­gen Ver­dacht erfolgt oft keine gezielte Pro­be­ent­nahme und Tes­tung auf die Erkran­kung. Eine Mög­lich­keit zum Nach­weis von spe­zi­fi­schen Anti­kör­pern im Blut­se­rum würde die Dia­gnos­tik beson­ders bei chro­ni­schen Ver­läu­fen dras­tisch ver­bes­sern, aber bis­her erhält­li­che Tests gel­ten als unzuverlässig.“

Mit dem Melio­dosis Dip­stick (DS) haben For­scher der Medi­zi­ni­schen Uni­versi-tät Graz (Öster­reich) nun gemein­sam mit den Infec­to­Gno­stics-For­schern der Senova und des Leib­niz-IPHT einen güns­ti­gen und schnel­len Blut­se­rum-Strei­fen­test ent­wi­ckelt und vali­diert. Die Pro­ben für die Vali­die­rung wur­den von den thai­län­di­schen Part­nern sowie vom Fried­rich-Löff­ler-Insti­tut für Medi­zi­ni­sche Mikro­bio­lo­gie in Greifs­wald bereit­ge­stellt. Der Test funk­tio­niert nach einem ein­fa­chen „Lateral-Flow“-Prinzip, das in ähn­li­cher Form auch bei Schwan­ger­schafts­tests zu Anwen­dung kommt: Auf einem Zell­stoff­strei­fen wer­den Anti­gene auf­ge­bracht, die hoch­spe­zi­fisch zu den Anti­kör­pern pas­sen, die das Immun­sys­tem von infi­zier­ten Pati­en­ten pro­du­ziert. Wird die ver­dünnte und mar­kierte Pati­en­ten­probe in Kon­takt mit dem Test­strei­fen gebracht, ver­bin­den sich Anti­kör­per und Anti­gene auf den Strei­fen und füh­ren ent­lang dün­ner Linien zu cha­rak­te­ris­ti­schen und sicht­ba­ren Verfärbungen.

Bis­lang keine brauch­ba­ren Alter­na­ti­ven zu teu­ren und auf­wen­di­gen Labortests

„Die Her­aus­for­de­rung bei die­sem Schnell­test war es, mög­lichst pas­sende Anti­gene für den Erre­ger zu fin­den und sie so geschickt zu kom­bi­nie­ren, dass der gesamte Test viel weni­ger falsch-nega­tive Ergeb­nisse lie­fert als bis­he­ri­gen Schnell­tests. In die­sen Tests wur­den bis­lang zum Teil noch bis zu 44 Pro­zent der Infek­tio­nen nicht erkannt“, erklärt Ralf Ehricht und fügt an: „Auch eine Sen­kung der falsch-posi­ti­ven Test­ergeb­nisse war sehr wich­tig, da sich die Anti­bio­ti­ka­the­ra­pie bei der Erkran­kung über Monate zie­hen kann und Pati­en­ten somit stark belas­tet.“ Bis­lang gebe es für die Melio­idose keine brauch­ba­ren Alter­na­ti­ven zu Labor­tests, die in man­chen Berei­chen der Welt aus Kos­ten­grün­den oft nicht durch­ge­führt wer­den kön­nen und die kor­rek­ten The­ra­pien des­halb häu­fig zu spät begin­nen und die Chan­cen auf Gene­sung sinken.

Der neue Test Melio­i­do­sis DS lie­fert die erhoffte Ver­bes­se­rung in der Test­ge­nau­ig­keit, wie Prof. Ivo Stein­metz von der Med Uni Graz erläu­tert: „Auf­bau­end auf eine vor­he­rige Koope­ra­tion mit den deut­schen Kol­le­gen haben wir in der Mach­bar­keits­stu­die vier geeig­nete Anti­gene iden­ti­fi­ziert, die sich in einem Schnell­test kom­bi­nie­ren lie­ßen. Am Ende erreich­ten wir damit eine Sen­si­ti­vi­tät von 92 Pro­zent und eine Spe­zi­fi­tät von 97 bis 100 Pro­zent und sehen bereits erste Ansätze, um den Test durch wei­tere Ver­bes­se­run­gen des Nach­weis­ver­fah­rens noch genauer zu machen.“ Für die Anwen­dung in Risi­ko­ge­bie­ten wie zum Bei­spiel Thai­land erfülle der neue Strei­fen­test damit erst­mals die Anfor­de­run­gen, um wirk­lich in die dia­gnos­ti­sche Rou­tine Ein­zug zu hal­ten. „Wir hof­fen mit die­sem Test in zukünf­ti­gen Stu­dien auch Melio­idose in Regio­nen nach­zu­wei­sen, in denen die Erkran­kung vor­her­ge­sagt wird, aber bis­her nie nach­ge­wie­sen wurde“, so Ivo Steinmetz

In Zukunft soll der Test vom Infec­to­Gno­stics-Indus­trie­part­ner Senova zu einem Dia­gnos­tik­pro­dukt für die haupt­säch­lich betrof­fe­nen Märkte in Asien und Aus­tra­lien wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den. Die mit­tel­stän­di­sche Firma aus Wei­mar hat sich auf die Pro­duk­tion von Late­ral-Flow-Tests spe­zia­li­siert und ent­wi­ckelte bereits in der Corona-Pan­de­mie einen der ers­ten pra­xis­taug­li­chen Anti­kör­per-Schnell­tests in Deutschland.

Infec­to­Gno­stics For­schungs­cam­pus Jena

Der Infec­to­Gno­stics For­schungs­cam­pus Jena beschrei­tet als öffent­lich-pri­vate Part­ner­schaft neue Wege in der Dia­gnos­tik von Infek­tio­nen und Erre­gern, wie z.B. Viren, Bak­te­rien und Pil­zen. Infec­to­Gno­stics wird durch das BMBF im Rah­men der För­der­initia­tive „For­schungs­cam­pus – öffent­lich-pri­vate Part­ner­schaft für Inno­va­tio­nen“ mit zusätz­li­cher Unter­stüt­zung durch das Land Thü­rin­gen geför­dert. Etwa die Hälfte des benö­tig­ten Etats finan­zie­ren die betei­lig­ten Partner.

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