Wieviel Licht geben Pflanzen ab und was lässt sich anhand dieser Lichtemission über die Gesundheit der Pflanzen aussagen? Dieser Frage will sich die ESA-Mission »FLuorescence Explorer-Mission« (FLEX) ab 2025 widmen. Herzstück des Satelliten wird dabei das »Fluorescence Imaging Spectrometer« (kurz: FLORIS) sein.
Anders als viele andere Spektrometer arbeitet FLORIS aber nicht mit einem einzelnen Lichtkanal, sondern mit zweien. »Das bedeutet, dass es zwei optische Spalte braucht, durch die das Licht in das Instrument einfallen kann«, erklärt Falk Kemper. Kemper ist Forscher am Fraunhofer IOF und leitet das FLEX-Projekt am Institut. »Um diese beiden Kanäle zu erzeugen, braucht es eine hochpräzise Anordnung aus zwei Spalten, einen sogenannten Doppelspalt. Genau den haben wir in Jena, zusammen mit hochpräzisen Spiegeln für das Spektrometer, entwickelt und gefertigt.«
Bauteile für Weltraum-Spektrometer mit außergewöhnlicher Genauigkeit
Die Besonderheit der Doppelspalt-Baugruppe liegt in der außergewöhnlichen Genauigkeit: Jeder Schlitz der Doppelspalt-Baugruppe muss mit einer exakten Breite von 85 (+/-1) Mikrometern gefertigt werden, und das über eine Länge von 44,15 Millimetern. »Zu breite oder zu schmale Schlitze hätten zu viel oder zu wenig Licht auf dem Detektor geführt und damit die Auswertung des für die Mission interessanten Lichtanteils gegebenenfalls unmöglich gemacht«, erklärt Kemper.
Auch für die Spiegel, die in Jena gefertigt wurden und im Inneren des Spektrometers das Licht auf den Detektor leiten sollen, galten besondere Anforderungen: Diese mussten eine Rauheitsanforderung von 0,3 Nanometern rms (Root Mean Square) aufweisen. »Das entspricht in etwa dem Abstand von ein bis zwei Atomen«, veranschaulicht Kemper. »Die Anforderungen waren unglaublich hoch und bewegten sich an der Grenze des technisch Machbaren.«
Spezielle lithografische Strukturierung für Doppelspalt auf Silizium-Basis
Hergestellt wurde der Doppelspalt auf Silizium-Basis. Für die Fertigung wurde am Fraunhofer IOF eine spezielle lithografische Prozesskette entwickelt, bei der lithografische Strukturierungstechniken für das Ätzen von Silizium-Wafern angepasst wurden: »Unsere Strategie sah vor, die Silizium-Wafer zu maskieren, zu entwickeln und zeitgesteuert nass zu ätzen«, erörtert der Projektleiter den Prozess. »Aufgrund der sehr hohen geforderten Genauigkeiten mussten wir zahlreiche Parameteriterationen durchlaufen, um die Fertigungskette so stabil zu bekommen, dass sich Schlitze gemäß den Anforderungen herstellen ließen.«
Abschließend wurden die Schlitze mit einer schwarzen Beschichtung versehen, um das spezifizierte optische Reflexionsvermögen und die optische Dichte zu erreichen. »Die Schwarzbeschichtung der Schlitze führte ebenfalls zu einer Änderung der Schlitzgeometrie und musste entsprechend beim Ätzen der Schlitze mit vorgehalten werden.«
Robuste Montage für Einsatz im Weltraum-Spektrometer
Die Vorrichtung ist so konzipiert, dass der Silizium-Doppelspalt in einer mechanischen Halterung montiert wird. Dort mussten die beiden fragilen Schlitze hochparallel zu den Blenden in der Halterung montiert werden, das heißt konkret: mit einer Genauigkeit von weniger als 5 Mikrometern sowie einer Spalt-Planarität von weniger als 10 Mikrometern. Zusätzlich mussten die beiden Schlitze so verbaut werden, dass sie sich nicht deformieren und brechen – auch dann nicht, wenn beim Start des FLEX-Satelliten starke Vibrationen, Temperaturschwankungen und Beschleunigungen auftreten.
Um die nötige Robustheit der Baugruppe zu gewährleisten, entwickelten die Forschenden des Fraunhofer IOF daher ein spezielles Montagekonzept, d. h. eine Strategie, um verschiedene Komponenten zu einer Baugruppe zusammenzufügen. »Dies ließ sich über eine Kombination aus Formschluss, Klemmung und Klebung realisieren«, berichtet Kemper.
Doppelspalt erlaubt Spektrometer feinere und zugleich breitere Lichtanalyse
Die spezielle Bauweise des FLORIS-Spektrometers mit dem Doppelspalt bietet für die Ziele der FLEX-Mission einen entscheidenden Vorteil: »Durch den Doppelspalt können im Spektrometer zwei Kanäle betrieben werden: einer für High- und einer für Low-Resolution«, fasst Falk Kemper zusammen. Der High-Resolution-Kanal kann dabei kleinste Unterschiede in den Wellenlängen des Lichts erkennen, der Low-Resolution-Kanal hingegen kann breitere Bereiche des Lichtspektrums erfassen. Die Kombination aus beiden Kanälen ermöglicht eine umfassendere Analyse des Lichts und somit eine detaillierte Analyse der Pflanzenvegetation.
FLEX-Mission soll Vegetationsdaten der Erde überwachen
Die FLuorescence-Explorer-Mission, deren Start für 2025 geplant ist, soll globale Karten der sogenannten Pflanzenfluoreszenz liefern, also der Emission von Licht durch Pflanzen. Diese Daten sollen Auskunft über die photosynthetische Aktivität sowie die Gesundheit und den Stress der Pflanzen geben.
Derlei Dateien sind nicht nur wichtig für ein besseres Verständnis des globalen Kohlenstoffkreislaufs, sondern auch für die Landwirtschaft sowie die zukünftige Ernährungssicherheit vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung. Bisher ist es nicht möglich, die photosynthetische Aktivität von Pflanzen vom Weltraum aus zu messen.
Doppelspalt auf der SPIE Photonics West
Der hochpräzise Doppelspalt wird vom 30. Januar bis 01. Februar 2024 auf der SPIE Photonics West in San Francisco präsentiert werden. Die Photonics West ist eine der international größten Fachmessen in den Bereichen Optik und Photonik. Sie wird jährlich durch die »Society of Photo-Optical Instrumentation Engineers« (SPIE) veranstaltet.
Der Stand des Fraunhofer IOF befindet sich auf dem German Pavilion, Stand 4205–32.
Der Doppelspalt ist am Fraunhofer IOF im Auftrag der OHB SE entwickelt und gefertigt worden. Weitere Partner, die an der Realisierung des Spektrometers FLORIS beteiligt sind, sind Leonardo S.p.A. sowie die Thales Alenia Space. Gemeinsamer Auftraggeber ist die Europäische Weltraumbehörde (ESA).
Die vollständige Pressemeldung finden Sie im Online-Presseportal des Fraunhofer IOF:
https://s.fhg.de/FLEX-SPIE-PW-24-dt