Aktuelles › Fraun­ho­fer IOF • Initia­tive QuNET

Initia­tive QuNET: Der hoch­si­che­ren Quan­ten­kom­mu­ni­ka­tion wie­der ein Stück näher
Quan­ten­schlüs­sel erfolg­reich zwi­schen zwei Punk­ten mit Kom­bi­na­tion aus Frei­strahl- und Faser­ver­bin­dun­gen ausgetauscht

For­schende aus Jena, Ber­lin, Erlan­gen-Nürn­berg und Wess­ling haben erfolg­reich Quan­ten­schlüs­sel zwi­schen zwei Punk­ten mit einer Kom­bi­na­tion aus Frei­strahl- und Faser­ver­bin­dun­gen unter All­tags­be­din­gun­gen aus­ge­tauscht. Auf einer hete­ro­ge­nen Test­stre­cke in Jena erreich­ten sie bei Tages­licht Schlüs­sel­über­tra­gungs­ra­ten im Kilo­bit-Bereich pro Sekunde. Umge­setzt wurde das Expe­ri­ment im Rah­men der QuNET-Initia­tive, einem vom Bun­des­mi­nis­te­rium für Bil­dung und For­schung (BMBF) geför­der­ten Pilot­pro­jekt zur Ent­wick­lung hoch­si­che­rer Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­teme basie­rend auf Quantentechnologien.

Die Kom­mu­ni­ka­tion der Zukunft soll mit­hilfe von Licht­teil­chen siche­rer wer­den. Dafür setzt sich die vom BMBF ins Leben geru­fene Initia­tive QuNET ein. Auf dem Weg dort­hin haben die Part­ner der Initia­tive – das Max-Planck-Insti­tut für die Phy­sik des Lichts, die Fried­rich-Alex­an­der-Uni­ver­si­tät Erlan­gen-Nürn­berg, das DLR Insti­tut für Kom­mu­ni­ka­tion und Navi­ga­tion sowie die bei­den Fraun­ho­fer-Insti­tute für Ange­wandte Optik und Fein­me­cha­nik IOF und das Hein­rich-Hertz-Insti­tut HHI – nun einen wich­ti­gen Schritt genom­men: Mit einem Schlüs­sel­ex­pe­ri­ment haben sie gezeigt, wie sich meh­rere quan­ten­ge­si­cherte Punkt-zu-Punkt-Ver­bin­dun­gen rea­li­sie­ren und kom­bi­nie­ren las­sen für zukünf­tige ska­lier­bare quan­ten­si­chere Netze. Dabei kom­bi­nier­ten sie nicht nur Über­tra­gun­gen von Quan­ten­schlüs­seln via Frei­strahl- und Faser­ver­bin­dun­gen, son­dern erziel­ten zugleich bei Tages­licht Über­tra­gungs­ra­ten im Kilo­bit-Bereich pro Sekunde.

»Ein Ziel des Schlüs­sel­ex­pe­ri­men­tes war es, den Aus­tausch von Quan­ten­schlüs­seln in hete­ro­ge­nen ad-hoc Links bei Tages­licht zu demons­trie­ren«, erklärt Dr. Thors­ten Goe­bel, Koor­di­na­tor im QuNET Office am Fraun­ho­fer-Insti­tut für Ange­wandte Optik und Fein­me­cha­nik IOF. »Hete­ro­gen bedeu­tet in die­sem Fall, dass wir Quan­ten­schlüs­sel zwi­schen zwei Punk­ten mit einer Kom­bi­na­tion aus Frei­strahl- und Faser­ver­bin­dun­gen aus­tau­schen zur Über­brü­ckung von Glas­fa­ser­lü­cken. Und das Ganze noch dazu mit ad-hoc-Cha­rak­ter, also einem mög­lichst schnel­len Eta­blie­ren der Verbindung.«

Test­stre­cke über zwei Kilo­me­ter im urba­nen Raum Jena

Im kon­kre­ten Fall haben die For­schen­den eine quan­ten­ge­si­cherte Ver­bin­dung auf einer knapp zwei Kilo­me­ter lan­gen Test­stre­cke in Jena her­ge­stellt. Auf die­ser wurde der Quan­ten­schlüs­sel­aus­tausch in zwei Etap­pen umge­setzt: Los ging die Reise auf dem Dach der Stadt­werke Jena. Dort steht ein grü­ner Con­tai­ner, in des­sen Bauch sich ein Tele­skop zum Sen­den von Quan­ten­schlüs­seln befin­det. Von hier flie­gen Licht­teil­chen, wel­che die Grund­lage zur Gene­rie­rung eines hoch­si­che­ren Quan­ten­schlüs­sels bil­den, zuerst über 1,7 Kilo­me­ter Luft­li­nie via Frei­strahl hin­über zum Beu­ten­berg Cam­pus Jena. Dort wer­den sie auf dem Außen­ge­lände des Fraun­ho­fer IOF von einer Emp­fangs­sta­tion in einem wei­te­ren Con­tai­ner auf­ge­fan­gen. Von die­sem Zwi­schen­kno­ten­punkt aus wird das Signal in eine Faser­ver­bin­dung ein­ge­speist und über 300 Meter Faser an ein dem Insti­tut benach­bar­tes Gebäude wei­ter­ge­lei­tet. Dort wird aus den Mes­sun­gen an den Licht­teil­chen schluss­end­lich ein Quan­ten­schlüs­sel erzeugt.

Selbst für den Fall grö­ße­rer Über­tra­gungs­stre­cken, also wenn ein direk­ter Aus­tausch von Quan­ten­schlüs­seln nicht mög­lich ist, haben die For­schen­den vor­ge­sorgt: Durch geeig­nete Kom­bi­na­tion von Schlüs­seln an ver­trau­ens­wür­di­gen Zwi­schen­sta­tio­nen ent­lang die­ser län­ge­ren Stre­cken wird der Schlüs­sel­aus­tausch über noch grö­ßere Distan­zen möglich.

Mobile Quan­ten­ver­bin­dung erlaubt das Über­brü­cken von Glasfaserlücken

»Unser Schlüs­sel­ex­pe­ri­ment demons­triert damit, wie es durch die Kom­bi­na­tion meh­re­rer Ver­bin­dun­gen gelin­gen kann, Glas­fa­ser­lü­cken zu über­win­den, also Stre­cken, die durch das Feh­len von Lei­tun­gen eine voll­stän­dig faser­ba­sierte Über­tra­gung unmög­lich machen«, erklärt Dr. Goe­bel wei­ter. »Ein oft genann­tes Bei­spiel wäre hier ein Gip­fel­tref­fen in länd­li­chen Regio­nen mit lücken­haf­ter Glas­fa­ser­in­fra­struk­tur.« Doch auch natür­li­che Gren­zen, wie die Über­brü­ckung etwa eines Flus­ses, sind ein denk­ba­res Anwen­dungs­sze­na­rio für eine kurz­zei­tig her­zu­stel­lende Punkt-zu-Punkt-Ver­bin­dung zwi­schen Sen­der und Empfänger.

Ein wei­te­rer wich­ti­ger Aspekt des Expe­ri­men­tes ist sein mobi­ler Cha­rak­ter. Die bei­den von den For­schen­den genutz­ten Quan­ten-Con­tai­ner, auch QuBUSe genannt, sind grund­sätz­lich trans­por­ta­bel. Sie lie­ßen sich also zum Bei­spiel mit einem Fahr­zeug an einen belie­bi­gen Ort brin­gen und könn­ten dort, je nach Bedarf, eine quan­ten­ge­si­cherte Ver­bin­dung her­stel­len. Auf diese Weise lässt sich Quan­ten­kom­mu­ni­ka­tion an den viel­fäl­tigs­ten Orten umsetzen.

For­schende erzie­len Schlüs­sel­ge­nerie­rungs­ra­ten im Kilobit-Bereich

Mit ihrem Expe­ri­ment erreich­ten die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler Schlüs­sel­ge­nerie­rungs­ra­ten im Kilo­bit-Bereich pro Sekunde, selbst bei direk­ter Mit­tags­sonne. Auch damit erziel­ten die For­schen­den ein wich­ti­ges Kri­te­rium für den prak­ti­schen Ein­satz, denn inten­sive Son­nen­ein­strah­lung beein­träch­tigt übli­cher­weise den Aus­tausch von quan­ten­ba­sier­ten Schlüs­seln. In vie­len Expe­ri­men­ten wur­den die Quan­ten­schlüs­sel daher bei Nacht aus­ge­tauscht und für die Kom­mu­ni­ka­tion bei Tage vor­ge­spei­chert. Durch die Ent­wick­lung spe­zi­el­ler Fil­ter ist nun auch eine Schlüs­sel­ge­nerie­rung bei Tage möglich.

Ein Teil­aspekt die­ses Expe­ri­men­tes war außer­dem die Demons­tra­tion des hybri­den Quan­ten­schlüs­sel­aus­tauschs. Dabei wer­den ver­schie­dene Pro­to­kolle zum Schlüs­sel­aus­tausch gleich­zei­tig imple­men­tiert, was somit die Agi­li­tät der ent­wi­ckel­ten Infra­struk­tur, ins­be­son­dere der QuBUS-Platt­form, hin­sicht­lich der ver­wen­de­ten Pro­to­kolle auf­zei­gen konnte. Dies ist wich­tig, da die Ent­wick­lung des Quan­ten­schlüs­sel­aus­tauschs noch viele Erwei­te­rungs-Mög­lich­kei­ten bie­tet und diese nicht durch die ver­wen­dete Infra­struk­tur ein­ge­schränkt wer­den soll­ten. Somit ist auch die ent­wi­ckelte Infra­struk­tur zukunfts­si­cher und kann ohne grö­ßere Anpas­sun­gen für belie­bige Pro­to­kolle des Quan­ten­schlüs­sel­aus­tauschs ver­wen­det werden.

Hier­für wur­den auch Pro­to­kolle für den Quan­ten­schlüs­sel­aus­tausch erprobt, die anstatt ein­zel­ner Licht­teil­chen die elek­tri­schen Fel­der ver­mes­sen. Die For­schen­den konn­ten zei­gen, dass die­ser Ansatz, der der Tech­no­lo­gie der klas­si­schen Tele­kom­mu­ni­ka­tion sehr nahe­kommt, selbst bei fluk­tu­ie­ren­den Über­tra­gungs­ka­nä­len der Frei­strahl­ver­bin­dung bei Tages­licht für den Quan­ten­schlüs­sel­aus­tausch ohne zusätz­li­che Fil­ter geeig­net ist.

Erste quan­ten­ge­si­cherte Video­kon­fe­renz bereits 2021 realisiert

Das Expe­ri­ment in Jena ist die zweite öffent­li­che Demons­tra­tion der Tech­no­lo­gie­ent­wick­lung in der QuNET Initia­tive: Bereits im August 2021 hat­ten die QuNET-For­schen­den erfolg­reich eine quan­ten­ge­si­cherte Video­kon­fe­renz zwi­schen zwei Bun­des­be­hör­den rea­li­siert. Damals wurde eine Ver­bin­dung zwi­schen dem Bun­des­mi­nis­te­rium für Bil­dung und For­schung und dem Bun­des­amt für Sicher­heit in der Infor­ma­ti­ons­tech­nik (BSI) umgesetzt.

Unter fol­gen­dem Link fin­den Sie die voll­stän­dige Pres­se­mit­tei­lung (inkl. FAQ zur QuNET-Initia­tive) sowie Pres­se­bil­derhttps://s.fhg.de/QuNET-SE1-2023