Aktuelles › Jenaer For­scher­team erhält Thü­rin­ger Forschungspreis

Fraun­ho­fer Wis­sen­schaft­ler für inno­va­tive 2D-Mate­ri­al­for­schung ausgezeichnet

Für die For­schung zu maß­ge­schnei­der­ten 2D-Mate­ria­lien wurde ein vier­köp­fi­ges Team aus Wis­sen­schaft­lern der Fried­rich-Schil­ler-Uni­ver­si­tät Jena und des Fraun­ho­fer-Insti­tuts für Ange­wandte Optik und Fein­me­cha­nik IOF mit dem Thü­rin­ger For­schungs­preis aus­ge­zeich­net. Die Wür­di­gung für wis­sen­schaft­li­che Spit­zen­leis­tun­gen in der Kate­go­rie »Ange­wandte For­schung« wurde heute an der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Ilmenau fei­er­lich ver­lie­hen und ist mit 25.000 Euro dotiert.

Hun­der­tau­send­mal dün­ner als ein Haar, fes­ter als Stahl und effi­zi­ente Ver­mitt­ler zwi­schen Licht und Strom – soge­nannte 2D-Mate­ria­lien sind eine sich rasant ent­wi­ckelnde Mate­ri­al­klasse mit ein­zig­ar­ti­gen Eigen­schaf­ten und gro­ßem Anwendungspotenzial.

Für ihre For­schung an eben die­sen 2D-Mate­ria­lien wur­den For­schende der Uni­ver­si­tät Jena und des Fraun­ho­fer IOF nun mit dem Thü­rin­ger For­schungs­preis aus­ge­zeich­net. Die Ehrung in der Kate­go­rie »Ange­wandte For­schung«, die mit 25.000 Euro dotiert ist, wurde am 18. Juni an der TU Ilmenau über­reicht. Die Preis­tra­gen­den – Prof. Dr. Andrey Tur­cha­nin, Dr. Ant­ony George, Dr. Chris­tof Neu­mann und Dr. Falk Eilen­ber­ger (Fraun­ho­fer IOF) – haben eine Reihe von inno­va­ti­ven Metho­den ent­wi­ckelt, um maß­ge­schnei­derte 2D-Mate­ria­lien für pho­to­ni­sche, elek­tro­ni­sche und opto­elek­tro­ni­sche Anwen­dun­gen her­zu­stel­len und nutz­bar zu machen.

Ein Hauch von Nichts

Die erforsch­ten 2D-Mate­ria­lien stel­len eine neue Klasse von Werk­stof­fen dar, die aus nur einer oder weni­gen ato­ma­ren Lagen bestehen – einem Hauch von Nichts. Das beson­dere an ihnen: Sie ändern ihre Eigen­schaf­ten gegen­über den drei­di­men­sio­na­len Aus­gangs­stof­fen dras­tisch. Ein bekann­tes Nano­ma­te­rial ist Gra­phen. Ein 2D-Mate­rial, das durch das Abschei­den von nur nano­me­ter­gro­ßen Schich­ten von Gra­phit iso­liert wird. In sei­ner ato­ma­ren Form ist es viel fes­ter und leit­fä­hi­ger als der Aus­gangs­stoff Gra­phit, den wir zum Bei­spiel aus her­kömm­li­chen Blei­stif­ten kennen.

Am Fraun­ho­fer IOF hat Falk Eilen­ber­ger, Lei­ter der Abtei­lung für Mikro- und Nano­struk­tu­rierte Optik, unter ande­rem die ver­wandte Mate­ri­al­klasse der Über­gangs­me­tall-Dich­al­go­ge­ni­den, kurz TMDs, unter­sucht und cha­rak­te­ri­siert. TMDs tre­ten in ihrer drei­di­men­sio­na­len Form nur als indi­rekte Halb­lei­ter auf, was die Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten ein­grenzte. Als 2D-Mate­rial jedoch ver­wan­delt sich der Stoff in einen direk­ten Halb­lei­ter, der Strom effi­zi­ent in Licht umwan­deln kann und umgekehrt.

Ska­lier­bare Her­stel­lung eröff­net neue Anwendungspotenziale

Bis­her wur­den 2D-Mate­ria­lien durch das »Abblät­tern« drei­di­men­sio­na­ler Kris­talle gewon­nen. Ähn­lich wie beim Abzie­hen eines Fin­ger­ab­drucks mit Kle­be­band, wer­den dabei ein­zelne Schich­ten der Kris­talle Stück für Stück abge­tra­gen. Ein auf­wen­di­ger und für die Indus­trie unge­eig­ne­ter Pro­zess, der die Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten der Mate­ria­lien bis­her beschränkte.

Die For­schen­den aus Jena haben sich auf ein Ver­fah­ren kon­zen­triert, dass die indus­trie­kom­pa­ti­ble Her­stel­lung von maß­ge­schnei­der­ten 2D-Mate­ria­lien ermög­licht. Dazu nut­zen sie die soge­nannte Gas­pha­sen­ab­schei­dung, bei wel­cher der Kris­tall auf einer Sili­zium- oder Glas­platte wie ein Tep­pich auf­wächst – ein nano­me­ter­dün­ner Teppich.

»Durch das neue Ver­fah­ren war es uns mög­lich die 2D-Mate­ria­lien nicht nur effi­zi­ent her­zu­stel­len, son­dern diese eben­falls ska­lier­bar als funk­tio­nelle Bestand­teile auf opti­schen Kom­po­nen­ten auf­wach­sen zu las­sen«, erklärt Dr. Eilen­ber­ger. »So kön­nen wir, unter ande­ren, TMD-Mate­ria­lien in opti­sche Fasern inte­grie­ren, was uns eine Reihe neuer Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten eröffnet.«

Die wahr­schein­lich kleinste LED der Welt

Durch das Ein­brin­gen von TMD kön­nen opti­sche Fasern und pho­to­ni­sche Chips so funk­tio­na­li­siert wer­den, dass sie Licht nicht nur pas­siv wei­ter­lei­ten, son­dern erzeu­gen, ver­än­dern oder detek­tie­ren: Eine ideale Platt­form, um zum Bei­spiel bestimmte Auf­ga­ben klas­si­scher Com­pu­ter­chips zukünf­tig ener­gie­spa­rend pho­to­nisch umzu­set­zen. Dem For­scher­team gelang es dar­über hin­aus das 2D-Mate­rial als Diode zu funk­tio­na­li­sie­ren und somit die wahr­schein­lich kleinste LED der Welt zu entwickeln.

Die Inte­gra­tion der Nano­ma­te­ria­lien ermög­licht erst­mals die Her­stel­lung von elek­tro­ni­schen, pho­to­ni­schen und opto­elek­tro­ni­schen Bau­ele­men­ten, die gleich­zei­tig extrem klein und leis­tungs­fä­hig sind. Die effi­zi­ente Umwand­lung von Strom und Licht macht die 2D-Mate­ria­lien dar­über hin­aus für Anwen­dun­gen in der Daten­über­tra­gung, Kame­ra­tech­no­lo­gie oder in Beleuch­tungs­sys­te­men inter­es­sant. Zudem las­sen sie sich naht­los mit bestehen­den Halb­lei­tern ver­bin­den und eröff­nen dadurch neue Wege in der Halbleitertechnologie.

Das ent­ste­hende Licht kann auch ganz unge­wöhn­li­che Quan­ten­ei­gen­schaf­ten auf­wei­sen. Es eig­net sich damit nicht nur für den klas­si­schen Daten­trans­port, son­dern auch zur Quan­ten­ver­schlüs­se­lung. TMD-bela­dene opti­sche Bau­ele­mente kön­nen damit zukünf­tig auch einen Bei­trag in der Quan­ten­si­che­rung von Daten­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zen leisten.

Ein­zig­ar­tige Kom­bi­na­tion in Thüringen

Dr. Eilen­ber­ger betont die beson­dere For­schungs­um­ge­bung in Thü­rin­gen als Schlüs­sel zum Erfolg des Pro­jekts: »Wir haben hier vor Ort eine ganz ein­zig­ar­tige Situa­tion, die maß­geb­lich zum Erfolg unse­res Vor­ha­bens geführt hat«, sagt er mit Blick auf die Aus­zeich­nung. »In Thü­rin­gen und spe­zi­ell in Jena trifft Pho­to­nik-Know-how auf exzel­lente wis­sen­schaft­li­che Aus­stat­tung – per­so­nell und tech­nisch – und auch auf risi­ko­be­reite Unter­neh­men, die vor inno­va­ti­ven Pro­jek­ten nicht zurück­schre­cken«, erklärt Falk Eilen­ber­ger in Wür­di­gung sei­ner Zusam­men­ar­beit mit den Kol­le­gen Prof. Dr. Andrey Tur­cha­nin, Dr. Ant­ony George und Dr. Chris­tof Neu­mann von der Uni­ver­si­tät Jena weiter.

Mit dem Thü­rin­ger For­schungs­preis ehrt der Frei­staat seit 1995 ein­mal im Jahr wis­sen­schaft­li­che Spit­zen­leis­tun­gen der Thü­rin­ger Hoch­schu­len und außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen. Die exzel­len­tes­ten For­schungs­leis­tun­gen von Ein­zel­per­so­nen oder For­schungs­grup­pen in den Kate­go­rien der Grund­la­gen- und der ange­wand­ten For­schung wer­den mit einem Preis­geld von ins­ge­samt 25.000 € und dem For­schungs­preis-Award prä­miert. Der Thü­rin­ger For­schungs­preis wurde am 18. Juni 2024 an der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Ilmenau übergeben.

Alter­na­tiv lesen Sie hier die voll­stän­dige Mel­dung im Online-Pres­se­por­tal des Fraun­ho­fer IOF:
https://s.fhg.de/PM-forschungspreis-web